NEUE TEXTE - Sommergewitter...

Das identitätsstiftende Momentum

Wie und ob sich ein Mensch in der Gesellschaft bewegt, hat viel mit identitätsstiftenden Momenten zu tun. So ist in der Behindertenpolitik oft von der Inklusion die Rede, die es Menschen mit körperlichen oder psychischen Einschränkungen ermöglicht, am sozialen Leben teilzunehmen. Das erste Problem sehe ich bereits in der Nomenklatur des Wortes „Behinderung“: Menschen mit psychischen und physischen Besonderheiten – so möchte ich das nennen – sind nicht von Haus aus beeinträchtigt. Sie werden von den sozialen, baulichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten beeinträchtigt und auch von der Mehrheitsgesellschaft als defizitär wahrgenommen. Dabei möchte ich gerne auf dem Standpunkt bleiben, den ich in einer Tageswerkstätte gelernt habe: Jeder Mensch hat Stärken und Fähigkeiten, die er für die Gesellschaft beitragen kann, und „Empowerment“ ist die einzig sinnvolle Lösung, um Menschen nicht zu behindern, sondern einzubinden. Das hört nicht bei Menschen mit körperlichen und psychischen Besonderheiten auf, sondern erstreckt sich über kulturelle Gegebenheiten bis zur sexuellen Orientierung. Das Grundproblem ist der Begriff der „Normalität“, dessen sich Menschen gerne bedienen, um sich zu rechtfertigen und andere Gruppen als abnormal darzustellen. Die Heimat und das Fremde sind genau solche Abstufungen. Das Normale an sich gibt es in diesem Falle nicht, da jeder Mensch, ähnlich dem Konzept der Transkulturalität, keine in sich abgeschlossenen Systeme darstellt, sondern ein Fluidum aufweist (diesen Begriff habe ich ebenfalls der Transkulturellen Kommunikation entlehnt). Bitte mich auf den Autor hinweisen. Ein Mensch vereint mehrere Faktoren in sich und ist prinzipiell in seinem Sein auch nicht starr, sondern ein sich änderndes und an seine sozialen Gegebenheiten sich anpassendes Wesen. Physische und psychische Veränderungen eingeschlossen ebenso wie Meinungs- und sprachliche Besonderheiten. Veränderungen können mehr oder weniger schnell vonstattengehen, manche erstrecken sich über einige Jahre, Generationen hinweg und mit sich die sozialen Institutionen. Je nachdem wie träge die sozialen Institutionen sind, da ein Mensch in Abhängigkeit von sozialem Handeln existiert. (So wie auch die Arbitrarität der Sprache, die sich immer wieder neu ausverhandeln muss.) So ist auch eine gesellschaftliche Ordnung, entweder deduktiv oder induktiv von einer sozialen Institution (Schule, Staat, Kontinent bis hin zu familiären Konstellationen) immer wieder neu auszuhandeln. Dieses Kontinuum ist situationsbezogen und bedingt sich wechselwirkend, sowohl im Menschen als auch in der gesellschaftlichen Ordnung. Wobei eine „gestörte“ Ordnung, die nicht auf Konsens und Wachstum abzielt (im Menschen sowie in der Gesellschaft), in katastrophalen Situationen münden kann, die zur Zerstörung des Selbst sowie ganzer Gesellschaften und Umwelt führen kann. Dabei ist Ausbeutung, also eine nicht auf Konsens mit der Natur bzw. anderen Menschen und Gesellschaften ausgerichtete Vorgangsweise. Das ist aus psychologischer bzw. psychiatrischer Sichtweise sowie sozialer und kapitalistischer Sichtweise erkennbar. Was sich daraus ableiten lässt erschließt sich mir mangelndes Wissens im Moment nicht. Ich freue mich aber weiter dazuzulernen. Dieser Text gibt ausschließlich die Meinung der Autorin wieder und es gibt keine wissenschaftliche, theoretisch fundierte Auseinandersetzung damit. Danke!

 

 

Der Wiener Grant - mit Eis galant
(ein transoberösterreichisch-wienerisches Experiment)

 

Geh schauns amoi, i hab eana an Fuchzga geben, sie schuidn ma nu 10 Euro.

Heans, i hab kane 10 Euro, sie sand da erste heit und i hob nu ka Kloageld

Schreins ned so, mei Bua woant schon von dem Heckmeckhoid-

Gengans hoid zur nächsten Bank oder kaufen se se nu an Eisbecher.

Sicher ned. I wü mei Eis so wie is wü, in der Greß um den Preis in der Sortn. Bei dem Wetter kinans eh froh sei, dass a Gschäft machen.

Ja, darüber bin i sehr froh, vor allem wann i so netta Habara wia si bedienen deaf.

Jetzt werdns aber ned frech, den Fraß kinan sie si sunst wo hinstecken. Mei Bua hod a scho aufs Stanitzl grotzt, vor lauter Schrein. Wissens wos,i gib eana mei Eis zruck, stecken sis sunst wo hi.

Geh Deppata, i glabu i spin, glaubns des is a Stornitzl?

Na a Stornitzl is ned, aber glaubns I kim nua moi hea mit meim Gschrap.. (Sohn)

Weil des Eis wü jo ned amoi wer gebraucht.

Und wons schon dabei san, lossns Restgeld a glei stecka. I kauf ma glei de ganze Hittn.

Und was verkaufens dan, Eis mit Rotz?

I kim eana nuamoi, do kinan si si verlassen. Den Beleg hätt i a gern nu.

Bittsche da hams den Wisch. Beschissenen Tag nu.

Ebenfalls an waschechten Sautag, bis nächste Wochen.

Wir segn uns Saugrantiger. Bis nächste Woche.

Heute

Wie war deine Zugfahrt?
Schrecklich, neben mir saß ein Mann, der meinte seine Füße über 2 Sitzplätze erstrecken zu müssen.
Und waren viele Leute.
Ja, ich bin in der 2+ Klasse von Westbahn gefahren.
Und was ist der Unterschied zur Standardklasse.
Mehr Beinfreiheit.

Fitnesscenter

Der Frühling war da, die Blumen steckten ihre Köpflein aus der Erde und es begann draußen wärmer zu werden. Die Kleidung wurde leichter und lockerer, und die letzten Kekse und Schoko-Engerln wurden in den Boxen verstaut. Die Feiertage hatten es wieder einmal in sich. Wir hatten gegessen, getrunken und gefeiert. Es war ein Fest der Fülle. Und auch dieses Jahr hatte die Kleidung den Feierlichkeiten nicht standgehalten. Es zwickte und zwackte an jeder Stelle, die Hose zu eng, das Leiberl zu kurz. „Wann wird das einmal besser?“ , fragte ich mich und betrachtete mich vor dem Spiegel. Der Blick schweifte vom Doppelkinn über die spannende Oberweite bis hin zu den Hüften. „Toll schaust aus!“, denke ich. Nur meine Waage hatte andere Pläne mit mir. „Schau, dass du was machst!“, schrie sie mir zu. Der erhobene „Zeigerfinger“ der Waage ging bedrohlich nach oben, als ich mich auf sie stellte. Und dieser würde auch so bald nicht mehr nach unten gehen, würde ich nicht etwas dagegen tun.

Computer her, Internet an, gegoogelt, Fitnesscenter, angemeldet.

Das waren die logischen Schritte, die sich wie eine Pflichtlektüre auf der Universität in meinen Kopf eingebrannt hatten. Und schon stand ich am nächsten Tag da. Neben mir ein durchtrainierter Körper nach dem anderen. Einer bahnte sich den Weg zu mir und fragte mich, ob ich hier richtig sei. Ein leises „Ja, äh ich denke schon“, entfuhr es meinem Mund, und er erkannte die Notlage sofort. „Kein Problem, das werden wir schon hinbekommen.“ , versicherte mir das Muskelpaket, das sich mit dem Namen Thomas vorstellte. Ein paar einführende Worte und schon ging es an die Geräte. Ein jedes zeigte er mir mit gekonnter Leichtigkeit und eindrucksvoller Stärke, sodass ich in meinem Kopf den Fitnesscentervertrag schon unterschrieb. Er hob die Beine und Hände wie eine Gazelle beim Gruppensex und presste die schweren Eisenkörper nach oben, ein leichtes Stöhnen entfuhr ihm ein jedes Mal, als er sich nach unten beugte. Dabei spannte sein Hemd so sehr, dass seine Muskeln es zu zerreißen drohten. Wie lange würde das sein dünnes Hemd noch aushalten? Ich sah gespannt zu, als wieder eine Woge durch seinen Körper glitt und sein Schweiß sich mit meinem zu vermischen begann. Und eins und zwei und drei tönte es aus seinem ächzenden Mund und ich war wie gefangen in einer Parallelwelt, die nur noch aus mir und ihm bestand. Er bemerkte meinen Blick auf seiner Brust!

 

Ohne Vorwarnung richtete er plötzlich das Wort an mich. „Konzentrieren Sie sich bitte.“ Wie eine Ohrfeige traf mich dieser Satz und als ich später all die Übungen nachholen musste, wiederholte er immer wieder diesen einen Satz. Mit Schamesröte schälte ich mich aus den Geräten. Ich war so peinlich berührt, dass ich beschloss, nie wieder in das Fitnesscenter zu gehen. Als ich das Fitnesscenter später verließ, schloss ich fest die Tür hinter mir...„Adieu!“, hauchte ich leise, zündete mir eine Zigarette an und blies kleine Rauchkringel in den Wind.

Klassische Konditionierung

Schon einmal etwas von klassischer Konditionierung gehört? Der Pawlow’sche Hund hat gelernt beim Klingen von Glocken einen Speichelfluss zu produzieren, obwohl er noch nichts zu Essen bekommt. Das nennt man Substitutionsprinzip für einen Mechanismus der eigentlich auf die direkte Belohnung einer Handlung ausgerichtet ist. Man kann hier aber nicht nur Hunde steuern, Kinder können auf diese Weise ihre Erfahrungen machen und die Eltern sich dieses Wissen zu Nutze machen. Dass man auch negativ konditionieren und das Ganze auch umkehren kann, ist weniger bekannt. Ein Kind wurde zu Experimentierzwecken auf Ratten konditioniert, die mit Angst verknüpft wurden. Bei jedem Anblick dieses Tieres wurden erschreckende Geräusche abgespielt, dieses Kind hatte die schlimmsten Zustände, wenn es pelzige Tiere sah. Blöd auch, dass man nach dem Experiment den Kontakt zu diesem Kind verlor und es nicht mehr zurückkonditionierte und es Zeit ihres Lebens mit der Angst Leben musste. Vor allem die Musik und Sprache spielte hierbei eine große Rolle. Zeit unseres Lebens werden wir auch konditioniert. „Das Essen ist fertig“ löst sicher auch bei manchen Erwachsenen beim bloßen Hören Speichelfluss aus. Auch bedienen sich Film der Konditionierung mit musikalischer Untermalung gewisser Bilder in der man sich gewisse Effekte beim Publikum erhofft. Das geschieht unbewusst ist den Filmemachern aber sehr bewusst. Auch der Einsatz von Action und Waffe, Blut und Psychoelementen ist bewusst verwendet. Die Konditionierung ist nicht selten in unserem Leben, bei Werbung, Kommunikation und in der Politik. Aber nur ein kleiner Prozentsatz ist sich diesem psychologischen Effekt bewusst. Wohin kann das führen?

Auch der Handyklingelton ist eine klassische Konditionierung, denn er steht zum Beispiel für die Erwartung eines Gespräches mit einer dir lieben Person. Das Handy ist wohl die größte und erfolgreichste klassische Konditionierung, die es gibt. Das Handy ersetzt schon lange das Leben vieler Menschen, die Natur und die Kommunikation und Erfahrungen, die wir machen. Vielleicht und gerade deshalb fällt es uns nicht auf, wenn unsere Welt gerade untergeht. Wem auch immer das eingefallen ist. Chapeau, so einen Weltuntergang haben wir auch in den besten Kinofilmen noch nicht gesehen. 

Wie ich zu mir selbst fand...

Immer heißt es, dass eine lange Reise mit dem ersten Schritt beginnt. Doch wenn man weitergeht, zählen dann die ersten Schritte überhaupt noch? Ich spreche von den Schritten nach den Pausen. Von den Momenten, in denen man vom Weg abgekommen ist und von denjenigen, die man rückwärts gegangen ist. Werden diese auch als erste Schritte gezählt? Kein Leben verläuft reibungslos, das habe ich früh gelernt. Ich habe bereits viele Abzweigungen genommen, und gerade war es wieder so weit. Ich bin bei einer Entscheidung zurückgerudert, weil sie in eine Richtung führte, die mir nicht passte. Jetzt stand ich wieder hier, der Weg gabelte sich, die Wegweiser wiesen in unterschiedliche Richtungen. Da fragte ich mich zum ersten Mal, was suche ich eigentlich? Ist es eine neue berufliche Herausforderung? Ist es ein Lebenspartner oder sind es neue Hobbys? Mehr Sport, weniger Essen, öfter Treffen mit Freunden. Ich habe verschiedene Dinge ausprobiert, mich bei Online-Plattformen angemeldet. "Treffe deine Seelenpartner" nannte sich eine Gruppe, "Badminton für Anfänger" eine andere, oder vielleicht "Basteln für Weihnachten". Die Möglichkeiten schienen endlos. Ich habe das eine oder andere ausprobiert und muss sagen, es hat mir wirklich Spaß gemacht. Der Spanischkurs hat mir zum Beispiel einen neuen Blickwinkel auf die Welt eröffnet, auf den ich sonst nie gekommen wäre. Aber irgendwie suchte ich immer noch. Einen neuen Partner auf der Dating-Plattform finden? Da stieß ich auf einige Hindernisse. Bin ich schon bereit dafür? Will ich überhaupt einen Partner, und wenn ja, wie sollte er sein? Ist es nicht besser, vergangene Beziehungen zu überdenken und aufzuarbeiten? Es ist eine merkwürdige Zeit, in der man hauptsächlich online nach Partnern sucht, weil durch den Lockdown und andere Hindernisse ein geselliges Leben nicht mehr möglich ist. Dennoch war ich noch nicht zufrieden... Kinder? Nein. Was sonst? Ist es eine allgemeine Unzufriedenheit, die sich in unserer Generation breitmacht? Der Klimawandel bedroht uns, ein unbekanntes Virus spaltet Meinungen, und die Politik ist voller Korruption. Wie soll man da zufrieden sein? Immer neue Möglichkeiten dank des Internets, das uns die ganze Welt zur Tür hereinbringt, wenn auch gefiltert, aber die Optionen scheinen endlos zu sein. Dies schon ausprobiert oder das? Wie zeichnet man ein Bild? Wie baut man eine Dusche ein, ein Haus, ein Auto? Wie erzieht man Kinder? Was tun bei Covid? Seelenfrieden? Menschen machen Millionen damit, warum nicht selbst? Und dann? Millionen spenden und Armen helfen. Dem Bettler etwas geben, mehrere Augustins bei verschiedenen Augustinverkäufern kaufen (ich unterstütze das nach wie vor in jedem Fall, denn das gibt anderen Menschen wirklich eine Lebensgrundlage und Perspektiven). Aber warum bin ich immer noch nicht zufrieden? Ich habe Menschen in meiner Umgebung, die meisten sind nett, manche mehr, manche weniger. Sie haben alle unterschiedliche Lebensmittelpunkte, Ansichten und Lebensweisen. Würde ich es genauso machen? Ja, nein, vielleicht, ich glaube nicht. Verzweifelt sitze ich vor meinem Computer, raufe mir die Haare. Ein Chinesisch-Kurs, warum nicht? Ein neues Treffen, warum nicht? Ich scrolle die Freizeitplattform herunter. Ein Mann sucht jemanden zum Spazierengehen, ein anderer jemanden zum Kochen. Bis ich plötzlich aufmerksam werde und innehalte... Das klingt interessant. Ein Freizeitpartner zum Spazierengehen, Yoga und Basteln sowie für gemeinsamen Spaß wird gesucht. Das hört sich doch gut an. Ich beginne eine Nachricht zu verfassen. Und... abgeschickt. Unglaublich, jemand, der meine Interessen teilt wie kein anderer. Das muss aber ein faszinierender Mensch sein. Ich betrachte den Namen, sie heißt sogar wie ich. Seltsam, der Text kommt mir so bekannt vor. Da erinnere ich mich... Habe ich nicht vor einiger Zeit eine ähnliche Anzeige auf einer Plattform aufgegeben? Nein, wirklich? Ich hatte wieder zu mir selbst gefunden.

Allora, lei capisce?

(Versteht sie alles?)

 

Ich befand mich gerade im Auslandssemester in Italien, die ersten Tage waren hart. Ich konnte noch nicht gut Italienisch, alles war doppelt anstrengend. Meine Kommunikationsfähigkeit ging gegen null. Hände und Füße, ja, damit konnte ich mich verständlich machen. Wenn es aber um Formulare und behördliche Dinge ging, dauerte es doch um einiges länger. Auch mit der korrekten Aussprache haperte es noch etwas, und schnell hatte ich den Ruf in meinem Studentenheim als die 'Österreicherin, die eh nichts verstand'. Und so wurde mir so manches nachgesagt, das ich gottseidank im ersten Moment nicht verstand. Mit der Zeit wurde es jedoch besser. Ich sah mir Fernsehsendungen mit Untertiteln an, in der Universität schrieb ich mit, das Wörterbuch war mir der liebste Begleiter, und so entschlüsselte ich die für mich bis dahin unbekannte Sprache Stück für Stück.

 

Mit meinen Conquillini (Mitbewohnern) hatte ich bis dato nicht viel Kontakt, da sich diese gerne in einem Autorennen ähnlichen Tempo unterhielten und mit einer langsamen Österreicherin nichts anfangen konnten. Es gab dennoch zufällige Aufeinandertreffen in der Küche, da man ja mindestens einmal pro Tag warm essen sollte, und die ganze Zeit sich von Pizza und Tramezzini zu ernähren, wurde dann doch irgendwie langweilig.

 

So kochte ich mir an diesem Tag mein erstes Steak nach dem Rezept meiner Mutter in der Gemeinschaftsküche. Zuerst war ich allein, dann, als es schon des späteren Abends zuging, kamen immer mehr Leute. Italiener waren für ihre späten Essgewohnheiten bekannt. Es wurde lauter, die Hände, Arme und Wörter flogen nur so durch den Raum, und ich war mittendrin im Stimmwirrwarr. Die ersten gingen, und es lichtete sich am Tisch. Die Gespräche wurden persönlicher, und der Tratsch war im vollen Gange.

 

Bis einer zu erzählen begann: 'Ehi, Ciccio, kennst du das Mädchen aus Zimmer 24, die mit den langen braunen Haaren? Gestern haben wir wild rumgemacht, bis dann mein Handy geläutet hat. Rate mal, wer dran war: Meine Freundin, die wollte mich echt noch sehen, die Dicke. Aber als ich dann aus dem Zimmer gegangen bin, rate mal, wer vor mir stand. Ja echt, da war sie. Sie hat mir eine runtergehauen, und ich dann so voll hochrot zurück ins Zimmer. Die hat mich dann auch vor die Tür gesetzt. Was für ein Abend! Cazzo, schöne Scheiße!'

Ich kicherte. Er drehte sich mit rotem Kopf zu mir um.

 'Allora, lei capisce?' (Versteht sie alles?)

Ich hatte bis dahin schon gut Italienisch gelernt, das wusste aber zu diesem Zeitpunkt noch niemand.


Neuer Text: Bücherliebe


Neulich fragte mich ein junger Mann: "Möchtest du vielleicht Text mit mir haben?" Ich war zuerst etwas angewidert, da er meinem „Schriftbild“ so gar nicht entsprach. Nach und nach öffnete er sich und wir begannen einander vorzulesen. Sein Buchcover entsprach in keiner Hinsicht seinem Inhalt. Er war sehr zart „beseitet“ und war zudem noch sehr vielseitig. Da begann ich mich auch ihm zu öffnen und wir blätterten eine Weile ineinander herum. Wir sprangen von Kapitel zu Kapitel. Draußen wurde es kalt und es fielen die Blätter der Bäume. Ich war fast schon am letzten Kapitel angekommen, da wechselte er plötzlich die Seite. Ich war mit ihm noch nicht am Ende, da war ich mir sicher, doch als er sich nicht von seiner schönsten Seite zeigte, war ich zuerst enttäuscht. Dann merkte ich plötzlich, dass in ihm noch mehr steckte. Er sagte, er fühle sich ganz nackt, wenn er mir seine leeren Seiten zeige, und ich sagte ihm, dass es mir nichts ausmache. Wir könnten sie gemeinsam weiterschreiben. Und da beschlossen wir, uns mehr ineinander zu vertiefen und in unsere nächsten gemeinsamen Kapitel abzutauchen.

S' Glück is a Vogerl

Ober es hat sein Preis
Draht sie beim Hendlbrater
Nackig im Kreis

In der U-bahn 

In der Ubahn, do bin i a andere

in der Ubahn do bin i ned i

do bin i a Teil von wos

do bin i die Masse

in da Ubahn do steh i ned

do sitz i mi hi

in da Ubahn do kennt ma de Leid

de an de für d andere aufsteh

in da Ubah da foat ma

in da Ubahn duat ma ned gehen

in da Ubahn do is ma kurz

zamgwürfelt für a Zeit

in da Ubahn da steht ma fürs aussteign bereit

in da Ubahn do schaut ma kan a für a Zeit

in da Ubahn is ma fürs aussteign bereit

in da Ubahn da drängt ma si zam

in da Ubahn da fährt ma Ubahn

In da Ubahn do schaut ma ned hin

A wen die Leid am Fuaßbodn knien

In da Ubahn do is ma a andere für a Zeit

Für s Ubahn foan bin i niemals bereit

(c) Eva Gebetsroither "Scrivalavita" 13.02.24 


Die Vollkommenheit


Ich frage mich, ob ich alles verstehen muss. „Muss ich nicht!“, denke ich mir. Es gibt so viel Unverständliches auf dieser Welt und die einzige Gewissheit ist die Unvollkommenheit des Menschen und die Vollkommenheit der Welt. Dessen bin ich mir zwar nicht sicher, aber es nähert sich der Wert stark an eine Gewissheits-Kurve an. Wenn alles also unvollkommen ist und sich gewissen Werte nur annähern, gibt es keine Sicherheit, keine Gewissheit, denn es könnte im nächsten Menschen im nächsten Gedanken, in der nächsten Perspektive schon wieder anders sein. Ist es auch. Denn ein jeder Mensch besitzt eigene Wahrnehmungswerkzeuge sowie unterschiedliche Gehirne, dass keines einem anderen gleicht. Doch, ticken wir alle. Wir ticken wie Uhren und werden aber nicht gleichgeschaltet, die Welt hat einen eigenen Rhythmus, das höre ich beim Spielen von Musik. Die Vögel singen mit, wenn sie können und wollen, das habe ich bereits herausgefunden, deshalb ist auch kein Mensch unabhängig von den anderen, denn alle ticken mit in diesem Uhrwerk, Es gibt diejenigen die Tick sagen und diejenigen die Tack sagen. Es gibt diejenigen die so ticken und diejenigen die anders ticken. Ist es eine Dichotomie bei gleichzeitiger Einheit, Gesamtheit und Gänze? Die Menschen ticken unterschiedlich lange, manche für nur Millisekunden, manche ganze Jahrzehnte. Es hat jeder seine eigene Melodie und die Melodie richtet sich nach den Anschlägen des Zeigers. Wir haben gelernt sie sichtbar zu machen, durch Sprache, Musik und Licht. Denn jede Sprache ist nichts anderes als Musik und Musik ist nichts anderes als die Sprache der Seele und das Licht ist als Welle oder Teilchen (oder wissen sie mehr) eine weitere Schwingung auf der Uhr des Lebens, des Universums, denn jedes Tick und jedes Tack ist eine Schwingung und jedes Wort ist eine Schwingung sowie jedes Licht schwingt, schwingen wir alle mit. Wir können nicht A sagen und nicht B erwarten, alle durchlaufen im Leben ähnliche Muster, alle erfahren dieselben Gefühle, in unterschiedlichen Stärken und Ausprägungen. Doch wir schwingen alle mit. Ist das, was uns Menschen vereint? Das, was uns als Mensch ausmacht? Das was wir fühlen wenn wir einander begegnen, wenn uns dieser eine Mensch vertrauensvoll begegnet, eins ist mit der Schwingung des Menschseins. Denn wer aus dem Takt läuft, wird kurz oder lange wieder eingefangen. Wichtig ist, dass wir ehrlich zu uns sind. Denn die Ehrlichkeit ist die offene Anteilnahme am Hier und Jetzt mit seinen Gefühlen und Gedanken im Takt, der wiederum im Ganzen schwingt. Sind wir also alle doch vollkommen, wie die Natur, die Erde, das Universum? Und solange wir leben, werden wir dieses Ticken hören, als Gesamtheit in unserem Körper vernehmen, denn wenn wir im Takt sind, ist auch unser Leben im Takt und wenn wir genauer hinhören, hören wir unsere Uhr vielleicht sogar ticken? Ich glaube ja, denn sie befindet sich in unserem Herzen.

© Eva Brigitta Gebetsroither 13-02-24


Betreff: Wir werden heiraten.

Als ich eines Sonntags von meiner Familie begeistert mit Sekt zu Hause empfangen wurde, steckten sie mich zuerst in die Dusche. Meine Schwester rubbelte mir persönlich die Hornhaut von den Füßen. Danach wurde ich eingepeelt und parfümiert und wartete auf meine Friseurin aus Kindheitstagen, die sich neben ihrem Job ein paar Euro dazuverdiente. Meine Freundinnen riefen mich seit dem Morgen im Stundentakt an und gratulierten mir. Meine Familie chauffierte mich ins nächste Gasthaus, begleitet von einer Musikkapelle. Das Catering traf ein und der Schweinsbraten mit Knödel garte im Ofen. Die Jäger fuhren ihre Geschütze auf und schossen in die Luft. Der Pfarrer und der Bürgermeister trafen ein. Nach und nach kamen Familienmitglieder, die ich gefühlt seit 30 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Meine Oma und Opa erleichterten ihr Erbe um einige tausend Euro, um damit Bier und eine Abendband mit Sängerin aus der Schweiz zu organisieren, die dreisprachig sang. Meine Freundinnen aus den umliegenden Ländern flogen ein, um mir noch schnell die Nägel zu lackieren. Die Tauben nahmen auf dem Fenstersims Platz, ein Mann mit tausend Rosen kam, ein ehemaliger Schulkollege teilte mir mit, dass er sich scheiden lassen habe, nur um heute zu kommen, meine Ex-Freunde machten es sich hinter mir bequem, und ein Schimmel mit Kutsche traf ein, vor dem Schmetterlinge flogen, die zuvor eingefroren gewesen waren. Schließlich legten sie mir den Schleier um und steckten mich in ein perlenbestücktes Kleid. Da beschloss ich, meinen Freund anzurufen und ihm zu erzählen, dass ich nicht den Text mit dem Titel "Wir werden heiraten!" auf meinem Handy speichern und aus Versehen per Mail an alle Familienmitglieder versenden hätte sollen.

© September 2023 Eva Gebetsroither (Scrivalavita)

Sonnenschein

 

Geh zur Sonne

Mach das Radio an

Ich hab heute nen richtigen Plan

Geh zur Sonne

Mach den Vorhang auf

Heute bin ich richtig gut drauf

 

Wiesen, Felder und auch Bären

Wachen auf im Morgengrau

An den Ästen und den Gräsern

Hängt noch frischer Frühlingstau

 

Geh zur Sonne

Mach das Radio an

Ich hab heute nen richtigen Plan

Geh zur Sonne

Mach den Vorhang auf

Heute bin ich richtig gut drauf

 

Die Amsel singt ganz geschwind

Ihre Songs im Frühlingswind

Der Spatz der pfeift mit nem Rap voll drauf

Er ruft, steh auf, steh auf, steh auf

 

Guten Morgen

Mach das Radio an

Heute bist du ganz Nah dran

Guten Morgen

Lass die Sonne rein

Denn heute bist du unser Sonnenschein

 

Geh zur Sonne

Mach das Radio an

Ich hab heute nen richtigen Plan

Geh zur Sonne

Mach den Vorhang auf

Heute bin ich richtig gut drauf

 

Lied Eva Gebetsroihter 13.01.2023

Schreiben, schreiben, schreiben

Schreiben, schreiben, schreiben, leere Worthülsen auf das Papier speiben, einfach drauflos, pausenlos, immer tiefer ins Finden, die Worte verschwinden nicht kratzend an der Oberfläche, es reißt die Dämme weg, wie Bäche die sich sturzflugartig ergeben und mit ihrem Eigenleben, sturzflutartig sich erheben immer dichteres Wort, spült alles mit sich hinfort. Tiefere Ebenen ergründen, die wie Flüsse ins Meer münden, tausend Meilen darauf gewartet, bis sich wie eigenartig eine Möwe hebt, ihr Körper im Winde bebt und sich mit tausend Worten aufmacht zu fremden Orten um zu erzählen von dem Gelebten, im Winde immer wieder geschwebtem, vom Boden aufgehebten und im mittleren Osten erbebten, Gemeinschaftsgefühl, dass nicht existent jedoch kongruent über uns liegt mit uns im Streite versiegt und die anderen nicht liebt. Wir, die wir leben, eigentlich es besser wüssten und ergeben, sinnbildhaft verebnen und immer nach Höherem streben als das wir eben mit unserem Leben im Einklang leben und verstehen, nichts weiter zu erahnen, als das was wir sind nämlich allesamt verbindet, darum scheue dich nicht an deinen Scheuklappen zu scheuern einen Matrosen für die neue See anzuheueren und darüber Neuland anzusteuern im Einklang erhoffen wir kargen Gesteinsand doch im Einband meines Buches verweilt samten mein gesuchtes Wort, das mir immer zu rinnt fort um sich in die Wellen zu begeben und immer wieder aufs Neue zu erheben. Stillbetend sitzt du da dein Wortschwall scheinbar unsichtbar dir über dieses Erlebnis wegsah und in der Menschenschaar sich doch um eine Haar wiederfand, auf, auf mach dich Bücherband und spinne bald dein mächtiges Gewand über diese Atemnot, das pausenlose Abendbrot mit dem du hast deine bittere Not. Und das Buch wacht auf im Morgenrot und spielt dir im sanften wogenden Wellen „Komm, süßer Tod.“ 

(Am Ende reimt sich alles auf Tod, auch das Leben)

Frühlingstag


Frühlingstulpen in der Hand,

Die Wäscheleine über den Kopf gespannt,

hängst du auf dein frisches Gewand,

und blickst schon gebannt

 

in die nächste Wolkenwand


(c) Mai 2021 Eva Gebetsroither (Scrivalavita)



Wohnungsblues in C-Dur



Mit einem lauten Knall flog die Tür hinter ihr ins Schloss! Damit hatte Clara nicht gerechnet. Der Schlüssel war innen im Fach, wo auch die Handschuhe, Handy und Bargeld lagen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich auf die Suche nach Hilfe zu machen. Lebten hier nicht auch noch acht andere Parteien? Die anderen Wohnungen standen leer, ab und zu kamen Leute zu Besuch. Vor allem das Zimmer im zweiten Stock war öde, trist und traurig, fast schon melancholisch, wie der Efeu über die Fenster ins Zimmer zu ranken schien, das kleine bisschen Tageslicht durch die Jalousien blitzte, die Katze am Hals streifte und sich auf die öden und kargen Wände in den Zimmern warf. Der Rauch, der von der Zigarette der Nachbarn aufstieg, hüllte die Zimmer in eine triste Nebellandschaft, ohne Glatteis, ohne Schnee, nur schwerer Nebel, der das Zimmer zu besitzen schien. Die Bewohner kannte sie nur flüchtig. Zu viel Zeit hatten diese in ihren Gemäuern verbracht, zu viele Jahre schon nichts mehr gesehen außer ihrer eigenen vier Wände. Da scherzte sie doch viel lieber mit dem jungen Mann im fünften Stock, Gustav hieß er. Er schien spannend, fröhlich, aufregend, mit ihm konnte sie sich ewig lange Ping-Pong-Marathon-Gespräche liefern. Ein ewiges Hin und Her, bis schließlich ihr neuer Nachbar, Mr. Flaubert, dazwischen kam. Ein kleiner Ausflug mit ihm im Wald war zwar spannend, jedoch konnte er Gustav nicht das Wasser reichen. Keiner von beiden war heute anzutreffen. Da war sie doch gerne wieder bei sich zu Hause, doch heute war alles anders. Der Tagesrhythmus schien ihr durcheinander gekommen zu sein. Statt im Vier-Viertel-Takt zu gehen, hinkte sie einem Drei-Viertel-Takt hinterher. Sie hatte auch ihre blaue Tasche zu Hause vergessen, daher hörte sie lieber den Singvögeln draußen vor der Tür zu, die in Triolen sangen. Die Tratschweiber der umliegenden Straße erzählten ihr indessen von den scheinbaren Machenschaften der Nachbarn, sie erzählten, erfanden, improvisierten, was das Zeug hielt. Da stand sie plötzlich wieder vor der Tür. Innen hörte sie die Nadel des Schallplattenspielers sich vom Plattenteller heben. "All Blues" von Miles Davis hatte seit sie die Zimmertür geschlossen hatte im Hintergrund gespielt. Als das Lied aus war, sprang plötzlich die Tür wieder auf."

Kreativ-Werke

Bücher

(c) Eva Brigitta Gebetsroither 2022 

BILDER (c) Eva Gebetsroither 
Alle Werke und Texte sind urheberrechtlich geschützt und dürfen ohne Genehmigung der/des Urherbers/erin nicht verbreitet, verwendet oder kopiert werden. Es kann mit Unterlassung oder Schadensersatz geahndet werden.

Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipiscing elit. Nullam porttitor augue a turpis porttitor maximus. Nulla luctus elementum felis, sit amet condimentum lectus rutrum eget.